Motivation und Leistung – Eine Sache der Einstellung

Glückliche Kühe geben mehr Milch – ganz im Sinne der Bauernregel sorgen heute in manchem Unternehmen Feel-Good-Manager für gefüllte Obstkörbe und Kreativ-Lounges, Espresso-Maschinen und kostenfreie Massagen. Doch der Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit, Motivation und Leistung ist komplexer als unterstellt. Zeit für einen Blick auf die Faktenlage.

Erfahrung, Fachwissen, Kernkompetenzen – Leistung im beruflichen Umfeld hängt von vielen Faktoren ab. Doch auch wenn alle vorgenannten Einflussgrößen zur Gänze gegeben sind, braucht es eine entscheidende Zutat: Leistungsbereitschaft. Wie aber motiviert man seine Belegschaft? Warum sind manche Mitarbeiter engagierter als andere? Und welche Rolle spielt bei alldem die Vergütung?

Machen wir bei der Beantwortung dieser Fragen den zweiten Schritt vor dem ersten und unterstellen zunächst: Eine höhere Arbeitszufriedenheit führt im Schnitt auch zu mehr Motivation – eine Hypothese, die sich intuitiv mit der Arbeitswirklichkeit in Übereinstimmung bringen lässt. Daraus jedoch ergibt sich direkt die nächste Frage: Wodurch lässt sich die Arbeitszufriedenheit nachhaltig beeinflussen?

Herzbergs zwei Faktoren

Ein „Klassiker“ unter den Konzepten zur Arbeitszufriedenheit ist Frederick Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie. Diese unterscheidet im Arbeitskontext zwischen zwei voneinander unabhängigen Gruppen: den Hygienefaktoren und den Motivatoren.

Hygienefaktoren sind die „Unzufriedenheitsmacher“ des Arbeitsumfelds. Ihr Fehlen oder eine unzureichende Ausprägung erzeugt Frustration. Ihr Vorhandensein, so Herzberg, führt jedoch nicht etwa zur Zufriedenheit, sondern lediglich zu einem neutralen Erlebniszustand, der als „Nicht-Unzufriedenheit“ bezeichnet wird. Zu den typischen Hygienefaktoren zählt Herzberg etwa die Arbeitsplatzsicherheit, das Verhältnis zu Vorgesetzten und Kollegen und das Gehalt. Motivatoren hingegen sind Größen, die echte Zufriedenheit erzeugen. Entsprechend ruft ihr Fehlen nicht Unzufriedenheit, sondern den neutralen Zustand der „Nicht-Zufriedenheit“ hervor. Im Gegensatz zu den Hygienefaktoren sprechen wir bei den Motivatoren vor allem über sogenannte intrinsische Aspekte wie Anerkennung, Verantwortung und Entfaltungsspielraum. Allerdings, auch das muss gesagt werden: Trotz ihrer scheinbaren Alltagsplausibilität steht Herzbergs Theorie in der Kritik fehlender Validität. Bemängelt wird unter anderem, dass Herzberg nicht ausreichend belegt habe, warum Einflussgrößen wie das Gehalt als Hygienefaktor und nicht als Motivator dienten.

Sinn macht glücklich – zumindest manchmal

Auch die Wirtschaftspsychologen Richard Hackman und Greg Oldham haben Anfang der 80er-Jahre beschrieben, welche Tätigkeitsmerkmale und psychischen Prozesse motivierend wirken. Sie benennen Kernmerkmale der Arbeit, die in besonderer Weise motivierend auf Mitarbeiter wirken, da die eigene Tätigkeit als sinnhaft empfunden wird und die Qualität der eigenen Arbeit erkannt wird:

  • Anforderungsvielfalt der Aufgaben
  • Ganzheitlichkeit der Tätigkeiten
  • Bedeutsamkeit der eigenen Leistung
  • Autonomie im Handeln
  • unmittelbare Rückmeldung aus der Tätigkeit

Jedoch treten diese Wirkmechanismen nur auf, wenn eine wesentliche Voraussetzung erfüllt ist: Die fraglichen Mitarbeiter müssen über ein ausgeprägtes Grundbedürfnis nach persönlicher Entfaltung verfügen. Arbeitszufriedenheit hängt somit auch stark mit den Merkmalen der jeweiligen Person zusammen.

Alles eine Frage des Geldes?

Neuere Studien belegen zudem, dass auch die Teilhabe an Entscheidungen im Arbeitsumfeld und das Führungsverhalten der Vorgesetzten einen bedeutenden Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit des Mitarbeiters ausüben. Der Zusammenhang zwischen der Höhe des Gehaltes und der Arbeitszufriedenheit fällt dagegen eher gering aus:

  • Die Studie –Arbeitsmotivation 2016 der Manpower Group kommt zu dem Ergebnis, dass für zwei Drittel der befragten Arbeitnehmer die Inhalte des Berufs und ein gesundes Arbeitsklima einen höheren Stellenwert einnehmen als das Gehalt. Über 75 Prozent nennen ein gutes Verhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten als einen entscheidenden Faktor für ihre Arbeitsmoral.
  • In einer Untersuchung der Hay Group aus 2012 werden ein erfüllender Job und ein gesundes, kollegiales Umfeld als wichtigste Faktoren für die Motivation von Mitarbeitern eruiert. Die Höhe der Entlohnung folgt auf dem dritten Platz. Allerdings: Immerhin 60 Prozent der Befragten nannten ein zu niedriges Gehalt als Kündigungsgrund.
  • Eine Metastudie von Tim Judge aus dem Jahr 2010 deutet darauf hin, dass nur eine geringe Korrelation zwischen dem Gehalt und der Arbeitszufriedenheit existiert – und dies unabhängig von Einkommensschicht und kulturellem Umfeld.
  • Atul Mitra von der University of Arkansas kommt dagegen in seinen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass eine Gehaltserhöhung bereits ab einem Plus von sieben Prozent einen langfristig motivierenden Einfluss auf Mitarbeiter ausübt. Zur Demotivation reicht im Übrigen bereits eine Gehaltssenkung um fünf Prozent.

Die Frage nach der Bedeutung des Gehaltes ist und bleibt also umstritten. Dass ein positiver Zusammenhang existiert, steht fest. Die Interpretation der Bedeutung fällt dennoch höchst unterschiedlich aus.

In Summe gehen unterschiedliche Variablenkomplexe mit Arbeitszufriedenheit einher: motivationale Merkmale der Arbeit, soziale Merkmale sowie der Arbeitskontext. Hinzu kommen die Persönlichkeitsmerkmale und subjektiven Informationsverarbeitungsprozesse des einzelnen Mitarbeiters. Einige Studien weisen sogar darauf hin, dass Arbeitszufriedenheit zum Teil vererbt wird.

Arbeitszufriedenheit und Leistung

Aber hängen Arbeitszufriedenheit und Leistungsmotivation überhaupt ursächlich zusammen? Eingangs hatten wir dies ja als Arbeitshypothese behauptet. Auch hier gibt es unterschiedliche Studienergebnisse:

  • Neuere Untersuchungen belegen insgesamt einen positiven, wenn auch moderaten Zusammenhang (Judge/Zhoresen/Bono/Patton). Dieser fällt je nach Berufsgruppe mehr oder weniger stark aus.
  • Einige Ergebnisse legen auch einen reziproken Zusammenhang nahe: Höhere Zufriedenheit führt zu mehr Leistung, gleichzeitig führen gute Leistungsergebnisse zu einer gesteigerten Arbeitszufriedenheit.
  • Auch die gegenteilige Meinung wird von einigen Autoren vertreten: Zufriedene Mitarbeiter, so die Vermutung, würden nicht etwa leistungshungriger, sondern vielmehr satt und inaktiv. Dies wurde durch einzelne Studien untermauert, in denen eine signifikant negative Korrelation zwischen Zufriedenheit und Leistung ermittelt wurde.

Eindeutiger fällt die Korrelation fehlender Arbeitszufriedenheit mit Absentismus und Fluktuation aus. Daher sehen Unternehmen in der aktiven Förderung der Arbeitszufriedenheit vermehrt einen Hebel, um unerwünschtes Verhalten zu reduzieren. Es gilt der Grundsatz: je höher die Arbeitszufriedenheit, desto geringer die Fehlzeiten.

Dieser Zusammenhang ist zwar signifikant, jedoch gleichfalls kritisch zu betrachten, da die erhobenen Fehlzeiten häufig nicht die tatsächlichen Gründe der Abwesenheit eines Arbeitnehmers erfassen. So führen einige Fehlzeitenkonzepte dazu, dass Arbeitnehmer krankheitsbedingte Abwesenheiten durch die Einreichung von Urlaub ersetzen, um ansonsten negative Auswirkungen zu vermeiden.

Auch in Bezug auf Fluktuation liegt eine signifikant negative Korrelation vor, wobei weitere Faktoren wie die Arbeitsmarktlage hier eine entscheidende Rolle spielen. Vielfach wird in diesem Zusammenhang gefordert, die Fluktuation lediglich als Indikator für Arbeitsunzufriedenheit heranzuziehen. Deutlich positiver fällt im Übrigen der Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und allgemeinem Wohlbefinden aus.

Zufriedenheit zwischen Stabilität und Resignation

Interessant ist schließlich auch das Modell zur Arbeitszufriedenheit nach Bruggemann, das verschiedene Formen der Arbeitszufriedenheit unterstellt. Diese resultieren jeweils aus einem Vergleichsprozess zwischen angestrebter und erlebter Arbeitswelt. Diskrepanzen und Übereinstimmungen führen zu diversen Qualitäten und Phasen der Arbeitszufriedenheit, die insgesamt einem dynamischen Prozess unterworfen ist.

  • Stabilisiert zufriedene Mitarbeiter stellen das Unternehmen vor wenig Probleme, soweit sie nicht „satt“ und inaktiv werden.
  • Resignative Zufriedenheit führt zumeist dazu, dass Mitarbeiter ihre Ansprüche reduzieren und sich – häufig aufgrund mangelnder Alternativen – mit der Arbeitssituation abfinden. Allerdings besteht das Risiko, dass dieser Zustand in Unzufriedenheit umschlägt und Leistungszurückhaltung oder Arbeitsplatzwechsel folgen. Daher sollten Vorgesetzte hier frühzeitig reagieren, das Gespräch suchen und gemeinsam mit dem Mitarbeiter Lösungsansätze entwickeln.
  • Progressiv zufriedene Mitarbeiter sind grundsätzlich zufrieden mit ihrer Situation, streben jedoch kontinuierlich nach beruflicher Weiterentwicklung. Werden ihnen keine entsprechenden Perspektiven geboten, kann ihr Anspruchsniveau langfristig nicht bedient werden und sie orientieren sich auf dem Arbeitsmarkt neu.

Besonderes Augenmerk soll hier aber den „konstruktiv“ und „fixiert“ Unzufriedenen gewidmet werden. Konstruktiv unzufriedene Mitarbeiter streben eine Verbesserung ihrer Situation an und entwickeln entsprechende Lösungsstrategien. Werden diese nicht realisiert oder gar nicht gehört, steigt die Frustration und die Unzufriedenheit manifestiert sich zur fixierten Unzufriedenheit. Dieser Zustand ist von dem Gefühl der Ohnmacht und Frustration gekennzeichnet, häufig sind gar psychosomatische Krankheitsbilder anzutreffen. Die vorausgegangenen Anstrengungen, der konstruktiven Unzufriedenheit zu entfliehen, wurden abgeblockt oder sind gescheitert. Hoffnungen und Erwartungen wurden enttäuscht, Bestätigung blieb aus, Aufstiegsperspektiven wurden nicht eröffnet.

Die Folge ist letztlich der Vollzug der „inneren Kündigung“. Mitarbeiter werden passiv, angepasst und machen Dienst nach Vorschrift. Wenn Vorgesetzte nicht spätestens jetzt aktiv werden, droht ein Überschwappen der Frustration auf das soziale Umfeld im Unternehmen. Eine Studie der Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) aus 2016 kommt zu der Schätzung, dass bundesweit rund 20 Prozent der Angestellten innerlich gekündigt haben. Eine Gallup-Umfrage aus 2014 kam übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass knapp 17 Prozent der Arbeitnehmer innerlich die Kündigung vollzogen haben. Alarmierende Zahlen, die der Wirtschaft in der Konsequenz Schäden in Milliardenhöhe bereiten und das Gesundheitssystem belasten.

Insbesondere in Phasen des Umbruchs wie Restrukturierung und Sanierung wird häufig versäumt, mit betroffenen Mitarbeitern in den Dialog zu gehen – obwohl regelmäßige, qualifizierte Mitarbeitergespräche eine Erfolg versprechende Gegenmaßnahme darstellen. Hier sind sensibilisierte und geschulte Führungskräfte gefordert – und ein Unternehmensumfeld, das offen ist für Partizipation und Handlungsspielräume der Mitarbeiter.

Vergütung und Wechselmotivation

Im Ergebnis zeigt sich, dass die Zusammenhänge zwischen den gebotenen Benefits, der Arbeitszufriedenheit, der Motivation und der individuellen Leistung deutlich komplexer ausfallen als auf den ersten Blick ersichtlich. Es lohnt sich, unterschiedliche Wege auszuloten, um die Arbeitssituation der Mitarbeiter zufriedenheits- und motivationsfördernd zu gestalten: Eine gute Bezahlung allein reicht nicht aus.

Andererseits sollten Studien und Umfragen nicht dazu verleiten, die Rolle der Entlohnung zu unterschätzen: Auch wenn Faktoren wie Betriebsklima, flexible Arbeitszeiten, Work-Life-Balance, Partizipation und Selbstbestimmung für Arbeitnehmer eine zunehmend wichtige Rolle einnehmen, bildet ein als nicht angemessen beurteiltes Gehalt einen wichtigen Grundstein für die Wechselmotivation von Arbeitnehmern.

Unsere Erfahrung aus der Direktansprache zeigt zudem, dass das Gros der Kandidaten neben den „weichen“ Faktoren einer Vakanz der Gehaltsfrage besonderes Interesse widmet. Die Gründe für einen Wechsel sind vielschichtig. Bei einigen Kandidaten spielen extrinsische Anreize eine wichtigere Rolle als bei anderen. Nur in seltenen Fällen bildet der Wunsch nach einer höheren Entlohnung das ausschlaggebende Motiv. Doch ohne eine in Aussicht gestellte Verbesserung in punkto Salär sind in der Regel nur wenige Kandidaten offen für einen Wechsel. Sie dann langfristig zu binden, erfordert vom Unternehmen freilich mehr als eine attraktive Bezahlung.

 

Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt. Nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige jedes Geschlechts.